Montag, 27. Februar 2012

Hollywood im Schnelldurchlauf

Es ist Sonntag. Nacht. In Istanbul. Zwei einsame Gestalten laufen an durch den Nieselregen. Sie unterhalten sich. Scheinbar sind sie auf dem Nachhauseweg. Woher und wohin kann man nur ahnen. Ein taxi steht am Straßenrand. Die beiden Gestalten steuern darauf zu. Schon versucht die größere der Beiden, die Tür zu öffnen. Doch dann bemerken sie, dass der Fahrer schläft. Also gehen sie weiter, scheinbar auf der Suche nach einem anderen Taxi. Kurz vor einer großen Kreuzung gelingt es ihnen dann, ein solches anzuhalten. Sie steigen ein und sagen dem Fahrer, wohin sie wollen. Dieser dreht sich wieder um, setzt den Blinker und fährt los, an einigen anderen, am Straßenrand wartenden Taxis vorbei. Und damit nahm das Geschehen seinen Lauf. Die beiden Gestalten ahnten nicht, welche Ereignisse sie in Gang gesetzt hatten und welche Abenteuer sie in den nächsten Minuten erwarten würden...


Klingt wie der Anfang eines schlechten Hollywood-Actionfilmes? Hat sich auch so angefühlt... Michael und ich waren also auf dem Nachhauseweg. Wir hatten Abends bei Teresa gekocht und Tatort geguckt. (Mein erster Tatort seit einem Monat!! Der war aber echt tragisch...) Da nachts die meisten Busse nicht mehr so fahren, dass man superbequem nach Hause kommt, wollten wir ein Stück laufen und dann mit dem Taxi nach Hause fahren. Taxis gibt es hier nämlich überall. Und überall heißt wirklich überall. Wenn nachts 5 Autos an einem vorbeifahren, sind 4 davon Taxis. Außerdem sind sie wirklich ziemlich billig, vor allem, wenn man zu mehreren fährt. Ich fühle mich damit zwar immer noch reichlich dekadent, aber ich bin glaube ich in dieser Stadt schon genau so viel Taxi gefahren wie in den letzten 22 1/2 Jahren. Wie dem auch sei, wir wollten also Taxi fahren. Und sind in dieses Taxi eingestiegen. Was wir nicht wussten: etwa 20 Meter weiter war ein Taxistand, an dem mehrere Taxis standen und auf Fahrgäste warteten. Wir hatten die einfach nicht gesehen. Die Taxifahrer hatten uns aber sehr wohl gesehen. Und waren jetzt stinksauer auf diesen erhlosen Taxifahrer, der ihnen die Fahrgäste vor der Nase wegschnappt. Als wir an ihnen vorbeifuhren, fingen sie an, wild zu gestikulieren und rumzubrüllen. Ich hab ihn zwar nicht verstanden, aber es klang ganz eindeutig nicht nett. Als wir vorbeigefahren waren, hat es plötzlich einen lauten Schlag getan. Irgendjemand hatte etwas (dem Klang nach sehr Hartes) nach unserem Taxi geworfen. Und unser Taxifahrer sah wirklich sehr nervös aus und hat immer wieder nach hinten geguckt. Was mich dazu verleitet hat, das auch zu tun. Unglaublich! Dieser rasende Taxifahrer stieg also in sein Taxi und fing an, uns zu verfolgen. Und zwar unter manischem Gebrauch der Licht- und der normalen Hupe. Und plötzlich fuhr er neben uns auf der Fahrerseite her, kurbelte das Fenster runter und brüllte weiter. Und dann fing er an, uns seitlich abzudrängen. Schluck. Unser Taxifahrer unterdessen tippte auf seinem Handy rum. Ganz offensichtlich rief er die Polizei an, denn etwa 20 Sekunden später (der andere Taxifahrer war inzwischen zurückgefallen) hielten wir neben 2 Polizeiwagen an. (Wo die immer herkommen... Wenn es etwas in dieser Stadt gibt, dass mit ähnlicher Häufigkeit anzutreffen ist, wie Taxis, dann sind es Polizeiautos.) Wir stiegen aus, er fing an, mit den Polizisten zu reden und wir standen etwas von den Socken im Regen. Unser Taxifahrer fuchtelte aufgebracht mit den Armen und erzählte in Richtung des Taxistandes gestikulierend, was passiert war. Und dann kam noch ein Polizeiauto. Und noch eins. Der Taxifahrer bat uns, wieder einzusteigen. Dann kam noch ein Polizeitauto. Und wir saßen da, währen der Fahrer und die Polizisten immer wieder um das Taxi herumliefen, um zu sehen, ob es irgendeinen Sachschaden gab. Und so weiter. Und so weiter. Irgendwann beschlossen wir dann, uns einen anderen Weg  nach Hause zu suchen. Der arme Taxifahrer, offenbar lag ihm sehr viel daran, uns durch die Stadt zu fahren. (Aber nicht verwunderlich, bei der Konkurrenz... Und wenn Fahrgäste in dieser Stadt so begehrt sind, dass man einen solchen Kleinkrieg wegen ihnen anfängt...) Naja, jedenfalls sind wir dann erst mal wieder zurückgelaufen, allerdings durch kleinere Seitenstraßen. Wir wollten nicht wieder den Typen an dem Taxistand begegnen. Und dann sind wir also einfach noch ein bisschen weiter gelaufen. Was dabei sehr auffällig war: Überall war plötzlich Polizei. Und die haben ungelogen jedes Taxi, das ihnen begegnet ist, angehalten und kontrolliert. Und in was für einem Ausmaß! Polizeiautos, Motorräder, Polizisten, wohin man auch blickte! Und das alles, weil wir einen Taxistand übersehen hatten... Das war schon schräg! Von uns wollten die Polizisten übrigens nur wissen, wo wir herkommen. Dann waren wir ihnen schnuppe. Wir haben jedenfalls schlussendlich einen sehr netten und besonnenen Taxifahrer getroffen, der uns sicher und ohne wilde Verfolgungsjagden à la Hollywood nach Hause gebracht hat.
"Ein Abenteuer", würde meine Mama sagen!

2 Kommentare:

  1. nice one. du hast nur vergessen zu erwähnen, wie unserer taxifahrer der ein-mann-blockade mit durchdrehenden reifen entkam, nachdem uns das taxi abgedrängt und zum stehen gebracht hatte. ;) und ich glaube der taxifahrer der mit seinem taxi amok lief, war ein anderer als der der zu anfang den aschenbecher (?) warf. ein mob voller hass ;) aber war wirklich "interessant" gestern

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  2. Interessantes Leben, das ihr dort habt!

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