Montag, 17. Juni 2013

Turkey, you are not alone! Her yer Taksim, her yer direniş!

Unfassbar.
Ich bin sprachlos. Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll.
Seit zwei Wochen sitze ich Stunde um Stunde vor meinem Computer, voller innerer Unruhe, auf dem Stuhl wippend, und verfolge die Nachrichten aus der Türkei. Mit jedem Tag wächst meine Wut auf Erdogan und seine Regierung,  jedem Tag frage ich mich, was in diesem Mann eigentlich vorgeht. Und mal um mal komme ich zu dem Schluss: ein Verrückter!

Was geht vor in einem Menschen, der sein eigenes Volk von der Polizei niederknüppeln lässt? Der friedliche Protestierende mit Wasserwerfern und Tränengasgeschossen angreift? Junge Menschen, die für ihre Rechte eintreten? Frauen? Kinder? 

Dieser Mann ist vollkommen größenwahnsinnig. Und das ist nichts Neues. Schon letztes Jahr, während ich in Istanbul gelebt habe, konnte ich über ihn und seine Politik nur den Kopf schütteln. Immer weiter und weiter steigende Alkoholsteuern, Einschränkungen des Barbetriebs auf Gehwegen, Abtreibungsgesetze, die Abtreibungen fast unmöglich machen. Terroristengesetze, die derartig weit formuliert sind, dass regierungskritische Journalisten und Juristen als Terroristen im Gefängnis sitzen, Hunderte, seit vielen Monaten in Untersuchungshaft - und bei einer Verurteilung noch für viele Jahre. All das ereignete sich in Istanbul, über all das wurde um mich herum gesprochen. Es hat gebrodelt. Aber eben nur in bestimmten Kreisen. Mir war immer klar, dass ich mich in einem Umfeld bewegt habe, das nicht der Mehrheit der Türkei entspricht. Ich war (bin) mit jungen Türken und Türkinnen befreundet, die sich für Politik interessieren, die Erdogan und die AKP nicht unterstützen, die ihre Freiheiten und ihre Selbstbestimmung fordern. Aber dennoch war klar: Da ist Ärger, der sich anstaut. Ich kann nur noch einmal wiederholen, was Sinan zu mir gesagt hat: "Es war genug!"

Auch was die Istanbuler Polizei angeht, hatte ich immer ein ungutes Gefühl. Wann immer ich auf der Istiklal Straße, die zum Taksim Platz führt, an uniformierten und bis an die Zähne bewaffneten Polizisten vorbeigelaufen bin (und das war oft, denn dort sind sie fast immer präsent und so ausgestattet sind sie auch fast immer), überkam mich ein Schauder. Ich wollte schnell an ihnen vorbei. Nur nicht hingucken, nur nicht auffallen. Auf mich wirkten sie, als warteten sie nur auf einen Fehler, auf eine auffällige Bewegung, auf irgend einen Grund zum Handeln. Jedes mal wieder überkam mich der Gedanke: "Die sehen nicht aus, als seien sie hier, um die Bevölkerung vor was auch immer zu beschützen. Die sehen aus, als wären sie hier, um ihre Chefs vor der Bevölkerung zu 'beschützen'." Und wie oft habe ich von verschiedensten Seiten das Gemunkel vernommen, dass mindestens jeder zweite Kastanien- oder Simitverkäufer in den Straßen Istanbuls ein Polizist in zivil sei, dessen Aufgabe es ist, die Menschen zu beobachten. Zu überwachen. Denn die Menschen in Istanbul sind ja eine Gefahr.

Für wen? Für Erdogan? Den gewählten Vertreter der Menschen in der Türkei? Was können sie ihm denn tun? Ich meine, außer ihn nicht wieder zu wählen? (Was sie ohnehin nicht können, da er kein weiteres Mal kandidieren darf.) Dieses Gefühl, unter Generalverdacht zu stehen, war jedenfalls präsent. Und dass dieses Gefühl nicht gerade eine angenehme Atmosphäre hervorbringt, kann sich sicherlich jeder vorstellen.

Erdogan aber will seine Macht nicht hergeben. Nein, er spielt sich auf wie der unangefochtene Alleinherrscher. Wie er auf der Bühne vor seinen Anhängern auftritt, sagt alles. Er schreitet auf der Bühne auf und ab, das Mikrofon in der Hand, und ruft seine Kampfsprüche. Er habe den Demonstranten die Hand hingestreckt, doch zurückbekommen habe er eine geballte Faust. Na klar, macht Sinn, da blieb ihm ja nichts anderes übrig, als in der Nacht zu Sonntag mit aller Gewalt und Brutalität gegen diese Terroristen vorzugehen. Denn Terroristen sind sie ja alle. Erdogan hat schließlich kurze Zeit vor dem Angriff alle Bürger aufgefordert, den Platz und den Park zu verlassen - wer später noch da war, konnte ja nur Extremist sein. Und ganz klar wurde betont: Wer sich auf das Gelände des Taksim Platzes begiebt, wird als Terrorist behandelt.
Doch zurück zu Erdogans Auftreten. Wie er da auf der Bühne auf und ab geht, wie er ins Mikrofon brüllt... Ich konnte nicht anders, als an einen der vielen Hollywoodfilme a la Herr der Ringe zu denken, in denen der König des stolzen Heeres noch einmal vor seinen Soldaten auf und ab reitet, mit dem Säbel rasselt und ihnen Kampfesgeist entgegenbrüllt, bevor er sie in die Schlacht gegen die feinliche Armee schickt.

Seit zwei Wochen kann ich die Nachrichten einfach nicht fassen. Am Dienstag war ich außer mir. Bilder über Bilder, Video, Berichte über willkürliche Polizeigewalt. Nicht nur Informationen, die durchs Netz geistern, sondern solche, die mich von Freunden erreichen. Von Menschen, die ich kenne und denen ich vertraue. Und um die ich mir Sorgen mache.
Am Anfang schwang in diesen Berichten große Euphorie mit. "Du solltest hier sein Dinah, du solltest das sehen. Diese Solidarität zwischen den Menschen, das ist unglaublich!" Freude, Euphorie. Und viel viel Entschlossenheit: "Wir werden hier bleiben, bis wir unser Ziel erreicht haben!" Dann der Dienstag. Die Berichte wurden erschöpfter. Von Massenpaniken ist die Rede, von Verfolgungsjagden, von der Angst, zu stolpern und von den Flüchtenden zertrampelt zu werden. Von in zivil gekleideten Menschen, die die Flüchtenden mit Holzknüppeln und Messern angreifen. Ich saß mit meiner Schwester vor einem Video Livestream vom Taksim Platz und konnte die Augen nicht abwenden. So mussten wir zusehen, wie die Polizei die Menschen mit Wasserwerfern gezielt  beschossen hat. Mir blieb die Luft weg, als ich sah, wie selbst  einen wehrlosen Mann - alleine, unbewaffnet und im Rollstuhl - zum Ziel des Wasserwerfers wurde.

Dann Beruhigung. Und dann die Nacht zu Sonntag.

Die Nachrichten, die jetzt bei mir ankommen, haben jede Begeisterung und jede Euphorie verloren. Jede Freude. Seit letzter Nacht ist alles anders. Die Polizei hat nicht nur unter Einsatz von Unmengen Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen den Park geräumt, in dem friedliche Menschen, unter ihnen Familien mit kleinen Kindern waren. Sie hat auch die Orte wie das Divan Hotel, in dem freiwillige Ärzte Verletzte versorgen, mit Tränengasgeschossen angegriffen. Sie hat die Ärzte verhaftet. Auch Rechtsanwälte werden seit Tagen verhaftet - laut der Istanbuler Anwaltskammer waren es heute Abend gegen halb 11 türkischer Zeit 290. Ein gängiges Mittel in der Türkei, mit dem Menschen der Rechtsschutz verwehrt wird - die Anwälte werden verhaftet. Ebenso die Anwälte der Anwälte, wie man am Beispiel des Prozesses gegen Öcalan sieht. 
Den ganzen Sonntag über häufen sich die Nachrichten von gewaltätigen Auseinandersetzungen in Istanbul und anderen türkischen Städten. Polizisten durchstreifen die Straßen, ständig gibt es neue Meldungen von Verhaftungen. Von prügelnden Polizisten. "Wir trauen uns nicht mehr auf die Straße, ohne unsere Blutgruppe auf den Arm zu schreiben", sagt einer meiner Freunde. Realität oder eine symbolische Aussage, ich weiß es nicht. Aber macht das eigentlich einen Unterschied?
"Wir sind denen wahrscheinlich einfach nicht viel wert. Wie Ungeziefer", sagt ein anderer Freund, als ich bestürzt frage, wie die Polizisten das, was sie da tun, eigentlich tun können. Ein dritter schickt mir den Link zu einem Video, in dem zu sehen ist, wie die Polizei einen Mann misshandelt und wegträgt. Dieser Mann ist ein Freund von mir. Und ein Journalist. Und einer von vielen, denen das Selbe passiert ist.

Ich weiß, ich sage hier nichts Neues. Und doch hatte ich das Gefühl, ich muss es sagen. Vielleicht für mich. Um meinen eigenen Gefühlen der Ohnmacht etwas entgegenzusetzen. Aber doch nicht nur für mich.
Ich sitze hier in Berlin hin und her gerissen zwischen dem Gefühl, ich müsste eigentlich in Istanbul sein und dem Gefühl der Erleichterung, nicht dort zu sein. Ich fühle, dass ich etwas beitragen will. Muss. Und weil ich nicht in Istanbul sein kann, muss ich eben das tun, was im Rahmen des mir Möglichen liegt: Laut werden.

Wir alle können den Menschen in Istanbul, in Ankara, in Adana und Antalya, in Hatay, und überall sonst in der Türkei zeigen, dass sie nicht allein sind. Dass wir sie sehen und hören und dass wir bei ihnen sind. Wir können ihre Bilder, ihre Videos und ihre Kommentare teilen. Wir können Demonstrieren. Wir können sichtbar und hörbar sein - um ihnen zu zeigen, dass wir bei ihnen sind, um Erdogan zu zeigen, dass wir bei ihnen sind, um der Welt zu zeigen, dass wir bei ihnen sind.

Was ihr hier lest ist ein Bruchteil von dem, was mir durch den Kopf geht. Aber mehr bin ich gerade nicht in der Lage zu formulieren. Mir fehlen die Worte. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. Aber wie gesagt, ich glaube, es ist wichtig, Worte zu finden. Und sie zu teilen. Danke.

Montag, 10. Juni 2013

Türkei, Taksim und Tränengas: „Es geht nicht darum, ob sich etwas ändern wird. Es ist schon alles anders.“



--- pictures of Berlin çapuling below  ---



Die Nachrichten aus der Türkei nehmen kein Ende. Die Proteste dauern nun etwa zwei Wochen an. Nach wie vor sind im ganzen Land die Menschen auf den Straße und demonstrieren, nach wie vor kommt es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei, bei denen diese mit unverhältnismäßiger Gewalt vorgeht. Und nach wie vor spricht Premierminister Erdoğan von „Provokateuren“.

Eine Darstellung, über die die Protestierenden nur den Kopf schütteln können. „Wir sind keine Provokateure“, betont der 26-jährige Student Sinan. „Er ist derjenige, der provoziert.“ Für den jungen Mann steht eins fest: Das, was die Menschen auf die Straße gebracht hat, war der autoritäre Führungsstil Erdoğans. Sinan zufolge versuchte dieser, Einfluss auf alle Aspekte des Lebens der Menschen in der Türkei zu nehmen; seien es Einschränkungen für den Kauf von Alkohol, die Anzahl der Kinder, die eine Frau bekommen solle, ja sogar die Zusammensetzung von Brot – oder eben das Abholzen eines Parks im Zentrum Istanbuls und der Wiederaufbau von Militärkasernen als Einkaufszentrum. „Es war genug“, sagt Sinan erregt. „Selbst meine Eltern können sich nicht auf eine solche Art und Weise in mein Leben einmischen!“

Für ihn kamen die Proteste nicht überraschend. Er wusste, dass irgendwann etwas passieren würde – nur wann, das wusste er nicht. Sinan spricht von angestauter Wut, die sich jetzt und hier entladen hat. „Es geht hier nicht um einen Baum. Am Anfang, am 27. Mai, ja, da ging es um einen Baum. Aber am 28. Mai schon nicht mehr. Jetzt geht es um Demokratie.“

Sinan erklärt, dass die jetzige Bewegung keineswegs aus dem Nichts kommt. Bereits seit drei Jahren setzt sich die „Solidarity Taksim Bewegung“ mit den Umbauplänen für Istanbuls Innenstadt auseinander. Hier engagieren sich die Vertreter von Architekten- und Stadtplanungsverbänden, politische Parteien, Nichtregierungsorganisationen und viele andere Gruppierungen dafür, in Entscheidungen mit einbezogen zu werden. „Erdoğan ist kein Architekt. Er ist auch kein Arzt, kein Stadtplaner, kein Ernährungsexperte, kein Familienplaner – aber er möchte der einzige Entscheidungsträger sein.“ Für Sinan bedeutet das, dass der Premierminister sich in Bereiche einmischt, die ihn nichts angehen. „Es geht ihn nichts an, wie viele Kinder wir bekommen oder ob wir religiös sind – das ist unsere Sache, und es ist sehr persönlich“, erklärt er.

Erdoğan hat immer wieder betont, die Protestierenden seien ein paar Extremisten und „Marodeure“, wie deutsche Medien das türkische Word „çapulcu“ oft übersetzt haben. Sinan sieht das anders: „Wer da protestiert? Das ist die Jugend der Türkei!“ Er nimmt Bezug auf eine Studie der Istanbul Bilgi University, die zwischen dem 03. und 04. Juni durchgeführt wurde. Dieser Befragung zufolge sind über 60% der Menschen auf dem Taksim-Platz zwischen 19 und 30 Jahren alt. Mehr als die Hälfte von ihnen gab an, sich vorher niemals an einer Demonstration beteiligt zu haben und ebenfalls über 50% bezeichnen sich selbst als nicht politisch. „Was sie auf die Straße gebracht hat, ist ein autokratischer und patriarchaler Premierminister, der versucht, sich als jedermanns Vater aufzuspielen“, erklärt Sinan. Die Bezeichnung „çapulcu“ – eigentlich negativ konnotiert – hat die Protestbewegung nun als Selbstbezeichnung übernommen. Nicht nur auf den Demonstrationen in der Türkei, auch auf den Solidaritäts-Kundgebungen etwa in Berlin sieht man Menschen, die sich das Wort groß auf die Brust oder auf den Rücken geschrieben haben. Und in sozialen Medien wie facebook haben viele junge Menschen das Wort als Vorsatz mit ihrem Benutzernamen verknüpft. „Es beschreibt uns ganz gut“, findet Sinan. „Wir haben es übernommen und verinnerlicht. Es hat jetzt eine neue Bedeutung: Es meint Menschen, die ihre Rechte einfordern.“

Die „Çapulcus“ geben sich große Mühe, dem Premierminister keinerlei Angriffsfläche zu bieten. Immer wieder sieht man Menschen, die mit großen Müllsäcken durch die Straßen laufen und Müll einsammeln. Im Gezi-Park wurden Verhaltensregeln bekanntgegeben, um einen friedlichen Protest zu ermöglichen. Sinan selbst engagiert sich als Freiwilliger in einem Kommunikationsnetzwerk. Dieses Netzwerk versucht, eingehende Informationen zu verifizieren, bevor diese über verschiedenen Social–Media-Kanäle verbreitet werden. „Es sind viele Fehlinformationen verbreitet worden. Das wollen wir verhindern“, so Sinan. Seine Arbeit verrichtet er vor allem am Computer und am Telefon. „Wenn ich eine Meldung über Verletzte bekomme, rufe ich bei den jeweiligen Stellen an und versuche, die Informationen von den Ärzten bestätigt zu bekommen.“ Das Ziel des Netzwerkes ist es, den Menschen sowohl in der Türkei als auch im Ausland verlässliche Informationen zu liefern.

„Wir haben von vorangehen Protesten wie dem Arabischen Frühling oder Occupy Wallstreet gelernt. Wir wissen, welche Rolle soziale Medien spielen, wie wir uns verhalten müssen und wie wir die öffentlichen Medien in die Knie zwingen. Das hier ist der ausgereifteste zivile Widerstand des letzten Jahrzehnts“, findet Sinan.

Er ist sehr dankbar für die Unterstützung, die er und seine Freunde von Menschen aus aller Welt erhalten. Erdoğans Vorwürfe, die Proteste seien aus dem Ausland gesteuert, weist er jedoch als absurd von sich. „Ich weiß, wer neben mir protestiert. Da gibt es keine Beeinflussung von außen. Auch deswegen kämpfen wir gegen Fehlinformationen.“ Dennoch betont Sinan die Rolle der ausländischen Medien. So habe die Nachrichtenagentur Reuters mitten aus den Protesten heraus berichtet, während das türkische Fernsehen den Menschen eine Dokumentation über Pinguine zeigte. Dies bewegte Menschen dazu, vor den Sitzen des Fernsehsenders HaberTürk zu demonstrieren. Die türkischen Sender berichten nun zwar auch über die Proteste, doch in Sinans Augen berichten sie auf einer regierungstreuen Linie und sprechen immer wieder von den Protestierenden als Provokateuren.

Sinan ist auch dankbar für die Solidaritätskundgebungen, die überall im Ausland stattfinden. „Diese Menschen unterstützen uns sehr. Auch sie üben Druck auf unsere Medien aus.“ Ganz besonders betont er all jene Menschen, die selbst Videos und Fotos über die sozialen Medien verbreiten. „Dafür braucht man Rückgrat. Dafür braucht man einen Arsch in der Hose. Und ich bin ihnen so dankbar.“

Als Sinan von der Situation auf dem Taksim-Platz und im Gezi-Park spricht, schwingt Begeisterung in seiner Stimme. Seit knapp einer Woche ist dieser Bereich von den Protestierenden besetzt, die Auseinandersetzungen mit der Polizei haben sich in andere Gebiete verlagert. Der Gezi-Park wurde zum Zentrum und Symbol der Protestbewegung, Tausende campen hier, es gibt Konzerte, eine Bibliothek, Workshops zu unzähligen Themen, die Menschen feiern. Sinan beschreibt eine für ihn bis dahin unbekannte Solidarität zwischen Menschen, die sich nicht kennen. Selbst zwischen Menschen, die sich früher geweigert hätten, einander die Hand zu reichen. Ein Beispiel dafür sind die verfeindeten türkischen Fußballvereine Beşiktaş, Galatasaray und Fenerbahçe, die nun Schulter an Schulter protestieren. „Ich habe so viele wunderbare Dinge gesehen. Es ist wirklich außergewöhnlich.“ Er erinnert sich an Taksim als eine hektische, überfüllte Gegend mit großer Polizeipräsenz. „Trotzdem hat man sich dort nie sicher gefühlt. Jetzt ist die Polizei weg und die Menschen kontrollieren den Platz. Taksim war nie sicherer“, betont Sinan.

Diese Solidarität ist auch der Grund, aus dem Sinan überzeugt ist, dass die Bewegung erfolgreich ist. „Es geht nicht darum, ob sich etwas ändern wird“, stellt er heraus. „Es ist schon alles anders. Wir haben es geschafft, uns zusammenzuschließen.“ Die für den jungen Mann nun bedeutsame Frage ist, wann die Protestierenden den Platz verlassen werden. Und seine Antwort darauf ist bestimmt: „Wenn unsere Forderungen erfüllt sind.“

Sinan nennt die fünf Hauptforderungen von "Taksim Solidarity". Zuallererst soll der Gezi-Park ein Park bleiben. „Das steht außer Frage. Selbst, wenn der Platz vorher keine symbolische Bedeutung hatte – jetzt hat er sie“, erklärt Sinan. Doch bisher hält Erdoğan nach wie vor an seinen Umbauplänen fest. Als Zweites nennt Sinan die Forderung nach dem Rücktritt der Verantwortlichen für die Polizeigewalt. Der dritte Punkt fordert das Verbot des Einsatzes von Tränengas. Die Protestierenden fordern außerdem die Freilassung der im Zuge der Proteste inhaftierten Menschen. Und letztlich verlangen sie ein Ende der Einschränkungen in Bezug auf Versammlungen und Proteste in öffentlichen Räumen. Eine Militärintervention schließt der junge Mann allerdings aus, es sei nur eine verschwindende Minderheit, die das befürworte.

„Das sind unsere fünf dringlichsten Forderungen“, erklärt Sinan. Doch in seinen Augen dienen diese Forderungen zunächst dazu, die Solidarität zwischen den Menschen aufrecht zu erhalten. „Ihre Erfüllung wird den Leuten zeigen, dass wir gemeinsam etwas bewegen können.“ Doch das eigentliche Ziel geht in Sinans Augen weit über diese Forderungen hinaus. „Unsere wichtigste Forderung ist die Demokratie“, betont er. Und er ist überzeugt davon, dass der Premierminister irgendwann von seiner Position abweichen muss: „Das ist unser Land, das sind unsere öffentlichen Plätze, unsere Parks. Wir werden hier bleiben, bis wir bekommen, was wir wollen; bis wir eine bessere Demokratie haben.“








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Berlin çapuling